Anonym anmelder i Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen - Vossische Zeitung

Hedda Gabler på Residenztheater i München anmeldt i Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen - Vossische Zeitung 1. og 2. februar 1891.

Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen - Vossische Zeitung, No. 53 Morgen-Ausgabe, Sonntag den 1. Februar 1891.

München, 31. Januar.  (Eig. Drahtber. der "Voss. Ztg.")  Ibsen´s Hedda Gabler fand heute eine sehr getheilte Aufnahme. Der Dichter wurde nach dem dritten Akt drei Mal gerufen, nach dem vierten ebenfalls. Ibsen leistete dem Rufe Folge.


Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen - Vossische Zeitung, No. 54 Abend-Ausgabe, Montag den 2. Februar 1891.

München, 1. Februar.  (Eig. Mitth.)  Unter heftigen Beifalls- und Mißfallensbezeigungen ist "Hedda Gabler", Ibsen´s neustes Werk, gestern zum ersten Mal aufgeführt worden; einen wirklichen, inneren, dauernden Erfolg hat es nicht zu erringen vermocht. Es findet dies seine Begründung vielleicht in dem seltsam räthselhaften Charakter der Heldin, die sich mit den lächerlichsten Kleinigkeiten ernsthaft beschäftigt und mit dem Fürchterlichsten lächelnd spielt; sie ist schwer verständlich, diese Frau mit der verdorbenen Phantasie, dem Durst nach Lebensgenuß und der Feigheit vor jedem Schritt, der über die Alltäglichkeit hinausführt - hier muß die Darstellung dem Dichter zu Hilfe kommen, und das ist gestern nicht geschehen. Frl. Heese hat sich bei der Auffassung der Hedda total vergriffen und damit dem Stücke allen Grund und Boden entzogen. Schon bei ihrem ersten Auftreten ließ ihre verstörte Miene und ihr tragischer Ton keinen Zweifel hierüber bestehen; als sie nun gar später in ein ganz hohles Pathos verfiel und am Schlusse des ersten Aktes mit verzweifeltem Ausdruck und dröhnender Stimme erklärte, daß sie sich jetzt mit Pistolenschießen amüsiren werde, war´s einfach um die Rolle geschehen. Die ohnehin seltsamen und immer wiederkehrenden Worte "mit Weinlaub im Haar" erregten ungezügelte Heiterkeitsausbrüche, und als die Darstellerin sich im vierten Akte wirklich zu großer Kraft aufschwang und wenigstens das Dämonische, welches in dem Charakter der Hedda liegt, zur Geltung brachte, war das Publikum längst um seine Stimmung gebracht und faßte komisch auf, was nur irgend komisch aufgefaßt werden konnte. Das Bedauerlichste war jedoch hierbei, daß man diese Hedda nicht der Schauspielerin, sondern dem Dichter als Mißgriff anrechnete; nur derjenige, der das Stück gelesen hatte, konnte ahnen, wie himmelweit verschieden Dichtung und Darstellung wirkten. Die Rolle der Thea Elvstad in den Händen von Marie Conrad-Ramlo trat dem gegenüber in ihrer erstaunlichen Naturwahrheit doppelt scharf hervor und wurde dadurch eigentlich die interessanteste Person des ganzen Stückes; für die geniale Künstlerin bedeutet das einen großen Triumph, für das Ibsen´sche Werk aber eine vollständige Verschiebung der Anlage. Stury (Tesman), Bonn (Lövborg), Keppler (Brack) waren theilweise gut. Frau Dahn-Hausmann sogar vortrefflich, nur litt die ganze Aufführung unter einem viel zu langsamen Tempo. Ibsen wurde nach den beiden letzten Akten je drei- und viermal stürmisch gerufen, obwohl die Gegner des Dichters sich alle Mühe gaben, den Enthusiasmus, der unter den obwaltenden Verhältnissen allerdings nicht ganz gerechtfertigt war, durch energisches Zischen zu dämpfen.

Publisert 10. apr. 2018 13:36 - Sist endret 10. apr. 2018 13:38