Max Bemy

Stadt-Theater Berlins oppsetning av Die Stützen der Gesellschaft anmeldt av Max Bemy (under signaturen «M. R-y.») i Vossische Zeitung i Berlin 5. februar 1878.

Stadt-Theater.

Das Schauspiel Henrik Ibsens: «Die Stützen der Gesellschaft« ging, übersetzt von Emil J. Jonas, unter Mitwirkung des Herrn Emil Hahn, Direktor des Victoria-Theaters, am vorigen Sonnabend im Stadt-Theater in Scene. Auch hier erregte das interessante Stück eine von Akt zu Akt wachsende Theilnahme. Nach der wirksamen Schlußscene des zweiten Aktes war der Erfolg gesichert. Daß das Publikum, das zum Theil vielleicht Hennequinsche Burleskerien erwartete und sich erst in den Ton des Stückes finden mußte, sich anfangs ein wenig reservirt verhalten hatte, dafür lassen sich auch aus dem Stücke selbst Gründe anführen. Die Vorgänge der beiden ersten Aufzüge sind expositionell, vorspielartig; sie bilden den breiten Hintergrund, von dem sich dann die eigentliche Fabel abhebt. Dazu kommt, daß man sich anfangs über den Charakter des Consuls Bernick nicht recht klar wird. Wäre dieser Charakter von vornherein dem Zuschauer weniger verschleiert, so würde das Interesse, das erst mit dem Conflict beginnt, in den der Consul geräth, früher erwachen. Auch die Charakteristik der übrigen Personen, die im Verlauf des Stücks so klar und so scharf, so lebensvoll und überzeugend entwickelt ist, schwebt anfangs im Halbdunkel. Erst gegen Ende des zweiten Akts tritt dramatische Bewegung ein, und die letzten Akte sind abgesehen von der Schlußscene des Stücks – in Bezug auf die Zuspitzung des eingetretenen Conflicts, auf die Motivirung der Consequenzen, in welche den Consul der Mangel an Kraft des sittlichen Wollens gerathen läßt und welche sich an ihm selber rächen, und in Bezug auf die Verwerthung alles dessen, was im Anfang des Stücks als zufällig erscheint, in vorzüglicher Weise gearbeitet. Diese Bemerkungen mögen zur Ergänzung dessen dienen, was wir über die «Stützen der Gesellschaft» gelegentlich ihrer ersten Aufführung im Bellealliance-Theater geäußert. Die breit angelegten, zum Theil von Personen, die nachher nicht wieder erscheinen, ausgeführten Expositionsscenen zwischen den Damen des «Vereins für moralisch Verdorbene» sind gestrichen. Statt dieser Scenen ist eine neue eingeschoben, in welcher Hilmar Tönnesen, der Vetter der Frau Consul, dem Oberlehrer Rörlund jene Scandalgeschichte erzählt, welche die Voraussetzung des Stückes bildet. Dies ist keine glückliche Aenderung. Das Charakterbild des jovialen Hilmar wird dadurch entstellt. Indem er einem Freunde des Hauses alle Details einer alten, die Familie Bernick compromittirenden Klatschgeschichte zuträgt, erscheint er mindestens undelikat. Im Original theilen zwei geschwätzige Frauen Frau Kaufmann Rummel und Frau Postmeister Holt, ihrer Vereinskollegin, der Frau Doktor Lingen, die erst seit Kurzem im Städtchen ansässig ist, im halblauten Geflüster das Geheimniß mit. Hier nimmt sich die Scene weit natürlicher aus und hat zugleich ein weit lebhafteres Colorit. Auch die Schlußscenen des Stücks vom Erscheinen der Bürger-Deputation ab sind energisch gekürzt. Ein doctrinärer Ton tritt hier ein, das Stück läuft Gefahr, wie eine Moralpredigt auszuklingen. Die lange, salbungsvolle Rede des Oberlehrers, die den Schluß unnöthiger Weise hinauszieht, ist zur guten Hälfte dem Rothstift verfallen und auch die Antwort Bernicks durch Streichungen präciser geworden. Nur durfte in der Erwiederung des Consuls der Passus nicht beseitigt werden, der sich auf die Erwerbung der Grundstücke bezieht, die ihn zum Millionair machen sollte. Daß er bei seinem Bekenntniß auch die schwere Gedankensünde beichten solle, deren er sich schuldig machte, als er das seeuntüchtige Schiff, unter dessen Passagieren er Johann Tönnesen wähnte, unter Segel gehen ließ, wäre zu viel verlangt, aber sein eigennütziges Verfahren in der Eisenbahn-Angelegenheit, welche zu der ihm bereiteten Ovation die äußere Veranlassung gab, darf er nicht verschweigen, wenn jeder Zweifel an seiner gründlichen sittlichen Besserung schwinden soll. Herr Director Hahn gab den Consul in Haltung und Spiel mit der ihm eigenen Freiheit und Leichtigkeit. Die feine Art, den Conversationston zu behandeln, hielt jede Monotonie fern. In den letzten Akten, in denen er recht eigentlich der Träger des Stücks war, wurde die Darstellung durch Kraft und Wärme der Empfindung immer belebter und fesselnder. Mit künstlerischem Geschick gab Frl. Flössel die Rolle der Dina Dorf, nur die Abschiedsscene mißglückte ihr in Folge einer kleinen Uebertreibung, die das Spiel im ungeeigneten Momente beinahe komisch werden ließ. Eine gute Leistung war der «Schiffsbaumeister Aune» des Herrn Mejo. Auch Frl. Hauser gab den dreizehnjährigen Olaf recht hübsch. Für die originelle Figur der Lona Hessel reicht die Begabung des Frl. Kelly nicht hin, und in der Partie des Johann Tönnesen, der dankbarsten, weil sie die am meisten sympathische ist, wird Hr. Gallewski an Temperament, Frische und Kernhaftigkeit des Wesens von seinem Collegen am Bellealliance-Theater, Hrn. Benemann, weit übertroffen. Das Stück wurde am Sonntag auch im Nationaltheater und wird heute im Ostendtheater gegeben, und so können wir eines Tages erleben, daß es gleichzeitig auf vier Berliner Bühnen gespielt wird.

M. R-y.
Publisert 3. apr. 2018 11:59 - Sist endret 15. mai 2018 10:44